Aktuelles zum gewerblichen Rechtsschutz

Kein Unterlassungsanspruch gegen Werbeanzeigen im Posteingang eines kostenlosen E-Mail-Postfachs

Das OLG Nürnberg hatte sich mit den Fragen zu beschäftigen, wann eine missbräuchliche Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs gegeben ist und wann ein Anspruch auf Unterlassung von Werbeanzeigen in einem kostenlosen E-Mail-Postfach besteht.

Zu Grunde lag folgender Fall: Die Parteien sind Mitbewerber auf dem Strommarkt.

Der (spätere) Prozessbevollmächtigte des klägerischen Unternehmens hatte in seinem kostenlosen „de“-Postfach Werbung des beklagten Unternehmens erhalten.
Mit darauf folgendem Schreiben mahnte der Prozessbevollmächtigte im Auftrag der Klägerin die Beklagte ab, und als keine Unterlassungserklärung abgegeben wurde, erhob er namens der Klägerin entsprechende Klage.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth verurteilte die Beklagte zunächst zur Unterlassung, hiergegen ging die Beklagte in Berufung; das Oberlandesgericht Nürnberg hob das Urteil im Januar 2019 sodann auf.
Zunächst hatte das OLG die Zulässigkeit der erstinstanzlichen Klage der Klägerin zu bewerten.

Nach § 8 Abs. 4 UWG kann es nämlich unter gewissen Umständen rechtsmissbräuchlich sein, einen Unterlassungsanspruch geltend zu machen.
Das OLG führt aus, dass hiervon auszugehen ist, wenn das beherrschende Motiv bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sachfremde Ziele sind, insbesondere, wenn vorwiegendes Ziel die Entstehung und der Ersatz von Rechtsverfolgungskosten ist.

Ein Indiz für einen Missbrauch sei es, wenn der beauftragte Anwalt das Abmahngeschäft „in eigener Regie“ betreibe, insbesondere selbst Wettbewerbsverstöße erst ermittelt.
Der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs könne auch dann gerechtfertigt sein, wenn die Klagepartei mit ihrem Prozessbevollmächtigten in der Weise kollusiv zusammenwirkt, dass der Klägervertreter den Kläger vollständig oder zum größten Teil von den mit der Führung dieser Verfahren verbundenen Kostenrisiken freistellt.

Nach Würdigung der Umstände liege eine solche Rechtsmissbräuchlichkeit im vorliegenden Fall aber nicht vor.

Die Kenntnis der Klägerin von dem streitgegenständlichen Wettbewerbsverstoß beruhe zwar auf privat im Zusammenhang mit der Nutzung des eigenen E-Mail-Postfachs erlangten Wissen des Klägervertreters. Der Klägervertreter entfaltete sodann Eigeninitiative bei der Erlangung der Mandate, versandte „Rückantwortbögen“ an Mitbewerber der Beklagten und holte dadurch proaktiv die Vollmachten für das Mandatsverhältnis ein.
Trotzdem sei nicht anzunehmen, dass die Rechtsverfolgung dem Interesse des Klägervertreters an der Erzielung von Einnahmen aus der Abmahntätigkeit gedient hat.
Die Abmahnung habe dem wirtschaftlichen Interesse der Klägerin an der Unterbindung der Abwerbung ihrer Kunden durch die beanstandete Werbemaßnahme der Beklagten gedient.
Damit sei die Klage zulässig gewesen.

Die Klage sei aber unbegründet gewesen, da kein Unterlassungsanspruch bestehe.

Die Klägerin hatte den Anspruch auf § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG gestützt. Danach muss im Rahmen einer kommerziellen Kommunikation durch Dienstanbieter über Telemedien die kommerzielle Kommunikation als solche klar zu erkennen sein.

Das OLG führt jedoch aus, die Norm spreche eine Verpflichtung für Dienstanbieter aus; dies sei vorliegend der Betreiber der E-Mail-Homepage und nicht die Beklagte als E-Mail-Versenderin.
Die Vorschrift sei aber ohnehin nicht verletzt, da die Werbung, anders als die „normalen“ E-Mails im Postfach, grau unterlegt und mit dem deutlichen Hinweis „Anzeige“ versehen war.
Es ergebe sich auch keine Unlauterkeit aus dem Irreführungstatbestand des § 5a Abs. 6 UWG.

Danach handelt derjenige unlauter, der den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht deutlich macht und dadurch provoziert, dass ein Verbraucher eine geschäftliche Entscheidung trifft, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

Die vorliegende Werbeanzeige habe ihren Werbecharakter allerdings nicht verschleiert.

Aus diesen Gründen liege auch keine unzumutbare Belästigung nach § 7 UWG vor.