Aktuelles zum Immobilienrecht

Vermietung/Widerrufsrechte des Mieters

Jeder kennt die sogenannten Haustürgeschäften und weiß sicher, dass bei derartigen Verträgen ein 14-tägiges Widerrufsrecht besteht. Möglicherweise hat sich auch schon die Erkenntnis verbreitet, dass insbesondere bei Verträgen über das Internet ebenfalls regelmäßig ein solches Widerrufsrecht für den Besteller besteht.

Offensichtlich unbekannt geblieben ist allerdings, das bereits seit dem 13. Juni 2014 aufgrund der EU-Verbraucherrechte-Richtlinie auch dem Mieter eines privaten Vermieters ein Widerrufsrecht zustehen kann.

 

Es mag noch einleuchten, dass das derjenige, der sich eine Wohnung mietet regelmäßig als Verbraucher anzusehen ist. Das aber derjenige, der seinen eigenen Wohnungsbestand fremdvermietet recht schnell rechtlich als Unternehmer im Sinne des Gesetzes zu bewerten ist, hat sich noch nicht herumgesprochen.

Die gute Nachricht ist: Nicht jeder Wohnung Vermieter ist automatisch Unternehmer im Sinne des Paragrafen 14 BGB.

Aber: Bei der Einordnung als Unternehmer kommt es weder auf gewerberechtliche, noch auf steuerrechtliche Betrachtungen an. Entscheidend ist allein die privatrechtliche Wertung von § 14 BGB.

Diese Wertung jedoch führt sehr schnell zur Annahme der Unternehmereigenschaft:

Einige Gerichte machen die Unternehmereigenschaft des privaten Vermieters daran fest, wie viele Wohnungen er vermietet. Bereits ab 6 Wohnungen, regelmäßig aber ab 8-10 Wohnungen wird die Unternehmereigenschaft angenommen (AG Hannover, Urteil vom 24.9.2009 – 414 C 6115/09, NZM 2010, 197; LG Görlitz, Urteil vom 23.8.2000 – 2 S 190/99, WuM 2000, 542; AG Frankfurt/Main, Urteil vom 13.2.1998 – 33 C 3489/97, WuM 1998, 418, AG Mühlheim/Ruhr, Urteil vom 18.5.1995 – 10 C 18/95, WuM 1995, 431).

Andererseits reichen bereits zwei Mehrfamilienhäuser aus, wenn der Vermieter aus den Mieteinnahmen seinen Lebensunterhalt bestreitet oder aber wegen der Größe des Mietobjektes die damit verbundene Verwaltungstätigkeit den Tagesablauf des Vermieters im wesentlichen bestimmt. (OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.10.2003 – I-10 U 46/03, OLG Düsseldorf, Urteil vom 7.10.2004 – I-10 U 70/04, ; LG Karlsruhe, Urteil vom 26.3.1992 – 5 S 154/91, AG Löbau, Urteil vom 29.7.2004 – 4 C 0641/03, OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.2.2010 – 24 U 72/09, juris).

Einen anderen Ansatz verfolgt die Rechtsprechung, die darauf abstellt, ob die konkrete Vermieter Tätigkeit einen Umfang erreicht, der ein eigenes Büro erfordert oder aber diese Tätigkeit noch am Wohnzimmertisch erledigt werden kann (OLG Koblenz, Beschluss vom 16.2.2011 – 5 U 1353/10 juris; OLG Koblenz, Beschluss vom 10.1.2011 – 5 U 1353/10, MDR 2011, S. 531 = ZMR 2011, S. 547).

Derjenige private Vermieter, der die Verwaltung nicht selbst durchführt sondern einen Verwalter beauftragt, dokumentiert damit im Grunde seine unternehmerische Tätigkeit selbst nach außen hin und wird schwerlich in einem Rechtsstreit den Richter davon überzeugen können, nicht unternehmerisch tätig zu sein

Nach der Auffassung anderer Gerichte reicht es im übrigen bereits aus, wenn mehrere Wohnungen von dem privaten Vermieters selbst verwaltet werden, aber häufiger Wohnungsanzeigen von ihm geschaltet werden. Begründet wird dieser Ansatz damit, dass dann der Vermieter am Wohnungsmarkt häufig tätig ist und dies als unternehmerische Tätigkeit angesehen werden soll.

 

Muss sich der private Vermieter nach der einen oder anderen Variante als Unternehmer im Sinne des Verbraucherrechtes behandeln lassen, dann steht dem Mieter als Verbraucher auch ein Widerrufsrecht zu und zwar in Bezug auf alle Vereinbarungen, die der Vermieter mit dem Mieter trifft.

Richtig ! Es geht nicht allein um den Abschluss des Mietvertrages !

nsoweit wird häufig schon deshalb kein Widerrufsrecht bestehen, weil der Mieter zuvor die Wohnung ausgiebig besichtigt hat, was ein Widerrufsrecht nach § 312 Abs. 4 BGB ausschließt.

Auch alle anderen Vereinbarung, die der als Unternehmer anzusehende privaten Vermieter während des Mietverhältnisses mit dem Mieter schließt, begründen dann immer ein Widerrufsrecht für den Mieter.

Vereinbarungen über die Erhöhung der Miete, Vereinbarungen über die zusätzliche Anmietung von Räumlichkeiten, Vereinbarungen über Mietminderungen, die Aufnahme zusätzlicher Personen in den Mietvertrag usw.:  Alle diese Vereinbarungen können von dem Mieter widerrufen werden, wenn der Vermieter als Unternehmer in dem oben genannten Sinne anzusehen ist.

Sofern Sie an dieser Stelle mit den Schultern zucken, weil Sie denken, dass hier nur ein Scheinproblem aufgebauscht wird,  da die Widerrufsfrist ja nur 14 Tage beträgt, liegen sie leider falsch !

Die Widerrufsfrist beträgt dann 14 Tage, wenn der Mieter ordnungsgemäß bei Abschluss der jeweiligen Vereinbarung über sein Widerrufsrecht belehrt wurde Wurde er hingegen nicht belehrt, beträgt die Widerrufsfrist 12 Monate und 14 Tage !

Und noch schlimmer: Wurde der Mieter nicht belehrt und widerruft er beispielsweise nach 12 Monaten, dann hat der Vermieter innerhalb von zwei Wochen sämtliche von dem Mieter diesbezüglich erbrachten Leistungen an den Mieter zu erstatten. Wurde beispielsweise ein Mietvertrag abgeschlossen, für den ein Widerrufsrecht bestand und erfolgte keine Belehrung dann kann der Mieter innerhalb von 12 Monaten und 14 Tagen den Widerruf erklären und der Vermieter hat dem Mieter sodann innerhalb von 14 Tagen alle Mieten zurückzuzahlen.

Ja, dies bedeutet, dass der Mieter 1 Jahr lang kostenfrei gewohnt hat !

Auch bei allen anderen Vereinbarungen während des Mietverhältnisses treten bei Widerruf die gleichen Rechtsfolgen ein.

Im ureigensten Interesse ist deshalb jeder Vermieter, der mehr als 1 Wohnung hat gut beraten, vorsorglich seine Mieter über das Widerrufsrecht zu belehren.

Übrigens: Eine bis jetzt unterbliebene Belehrung kann der Vermieter noch nachholen !